Berichte von 06/2016

Rahmenbruch - ist die Fahrradreise vorbei?

Mittwoch, 15.06.2016

Bevor es nun nach einer schoenen Zeit in San Francisco wieder auf mein Bike ging, habe ich mich noch mit Ben, einem anderen Fahrradfahrer getroffen, den ich waehrend meiner Zeit in Arizona kennen gelernt habe. Ben ist fuer den Boys & Girls Club unterwegs, was mit dem Pfadfinderverband vergleichbar ist.

Ende Mai ging es dann etwas leichter in meinen Satteltaschen weiter, denn ich konnte meinem Dad einige Sachen mit nach Hause geben. Das Wetter war an diesem Tag sehr wechselhaft. Eine Mischung aus Nebel, Bewoelkung und Sonnenschein, welches sich alle 30 Minuten geaendert hat. Das heisst Jacke anziehen, Jacke ausziehen. An diesem Tag war Memorial Day und die Amerikaner gedenken an die Gefallenen im Krieg. Viele Strassen wurde aus diesem Grund in SF gesperrt, was es sehr angenehm gemacht hat, aus der Stadt rauszukommen.

 

Am Abend ging das Abenteuer weiter und ich habe John und seine Frau Amenda in Pescadero getroffen, die mir den Weg zu ihrem Yurt (Rundzelt) erklaert haben. Dort angekommen, haben sie schon auf mich mit ihrem Jeep gewartet. Das Fahrrad habe ich unten stehen lassen und dann sind wir gemeinsam zu ihrem Zeltlager einen sehr steilen Waldweg hochgefahren. Die Idee des Yurts kommt urspruenglich aus der Mongolei. John und Amenda benutzen es als Ferienhaus. Die Outdoor-Dusche allein ist schon spektakulaer.

Am Morgen ging es dann wieder runter zu meinem Fahrrad. Und wie ich feststellen musste, hatte ich meinen naechsten platten Reifen. Das zerstoert meine gute Statistik und so ist es mein dritter Platten waehrend meiner gesamten Reise. Damit kann ich immernoch gut leben. :)

Heute geht es zur Surferstadt Santa Cruz. Mittags habe ich frische Erdbeeren bei einer Farm gekauft und hatte mit dem Verkaeufer noch ein sehr nettes Gespreach ueber die Welt. Er ist ein Veteran aus Vietnam und hat eine sehr positive Einstellung. Zum Abschied hat er mir nur eins mit auf den Weg gegeben: Suche nicht wie ein Adler nach Glueck, sondern gehe mit deinem Herzen voran. Abends bin ich dann bei Rita angekommen und habe am naechsten Tag mir Santa Cruz nochmal angeguckt. Dabei konnte ich ein sehr interessantes Naturschauspiel von zwei Voegeln beobachten.

Eigentlich wollte ich nach meinen Ruhetag frueh aufstehen, doch ich wurde ein bisschen zu frueh geweckt. Um drei Uhr Nachts bin ich auf einmal mit einem sehr starken Gestank in der Nase aufgewacht. Sowas hatte ich vorher noch nie gerochen. Ein Bauernhof ist nichts dagegen. Selbst Deo hat kaum geholfen. Irgendwie konnte ich dann mehr oder weniger wieder einschlafen. Wie Rita mir morgens erzaehlt hat, war gestern Nacht ein Stinktier im Garten und hat sich wie auch immer erschreckt und seine "Ladung" direkt vor meinem Fenster abgeladen! Doch am schlimmsten sei es im Fruehling, wenn die Jungen zur Welt kommen und das "pupsen" kaum kontrollieren koennen, erklaerte mir Rita.

Doch dann ging es mit etwas Verspaetung auf nach Monterey mit reichlich frischer Luft. Der Weg fuehrte mich durch riesiege Erdbeer-Plantagen, die grosstenteils vom Unternehmen Dole gefuehrt werden, der groesste Hersteller und Vermarkter von Obst und Gemuese weltweit. Groestenteils sieht man auf den Feldern Mexikaner arbeiten.

Und jetzt kommt der Tag, den ich so schnell nicht vergessen werden. Am Morgen habe ich mich mit starken Nebel auf den Weg Richtung Big Sur gemacht, Kalifornies schoensten Kuestenabschnitt, wie viele zu mir gesagt haben. Als ich Monterey verlassen haben, wurde es einsam. Die naechste Stadt ist 200 KM entfernt. 30 KM hinter Monterey fing auf einmal mein Hinterrad an zu wackeln. Ich dachte: mal wieder haetten sich ein paar Speichen geloest. Also angehalten, Satteltaschen abgenommen, nichts entdeckt, weitegefahren. Doch es war immer noch sehr wackelig zu fahren. Gleiches Prozedere von vorne: anhalten, Satteltaschen abnehmen, Fahrrad checken. Und dann habe ich es entdeckt --> RAHMENBRUCH! Kompletter Riss bei einer Stange vom Rahmen. Das ist wohl das Worst-Case-Szenario eines jeden Radfahrers. Was nun unternehmen im Niemandsland, ohne Netzempfang und bei praller Sonne? Ist es das Ende meiner Reise? Zurueck nach Monterey stand fuer mich ausser Frage, da der Weg viel zu hueglig war. Zudem ist es ein Aluminum-Rahmen. Da ware es sehr schwer einen passenden Schweisser zu finden. Und so wuehlte ich in meiner Ersatztuete rum und entdeckte ein starkes Klebeband. Ideal fuer den Notfall. Nachdem ich mehrmals den Riss abgeklebte und mit Kabelbindern versuchte, ein wenig mehr Stabilitaet zurueck zu gewinnen, konnte ich erstmal weiterfahren und habe es zum 50 KM entfernten Pfeiffer Big Sur State Park geschafft. Dieser war ausgebucht. Doch als Biker bekommt man immer einen Platz im Hiker/Biker Bereich zugewiesen. Dort waren bereits andere Fahrradfahrer, die ihr Lager aufgeschalgen hatten. Wir diskutierten natuerlich ueber verschiedene Moeglichkeiten, um meinen Rahmen zu reparieren. Ich entschloss mich dazu einen Hering von meinen Zelt am Rahmen mit Klebeband und einer Schelle zu befestigen. Doch das ist es was eine lange Fahrradreise ausmacht, es wird nie langweilig. :)

Doch die Landschaft war trotz des Rahmensbruchs wunderschoen.

Ein (Fahrrad-) Paar habe ich auf dem Campingplatz getroffen. Sie aus Frankreich, er aus England. Morgens haben wir gemeinsam gefruehstuckt und viele Eichhoernchen waren mal wieder auf der Jagd. Doch als wir nichts von unserem Fruehstueck mit den Eichhoernchen geteilt haben, wurde eines sehr aggressiv und hat mich in Fuss gebissen. So hatte sich die Tollwut-Impfung daheim auch gelohnt. 

 Das Schild sollte ich nicht unterschaetzen. Es wurden nochmal ordentlich hueglig, kurvig und eng.

Unterwegs hatte ich noch zwei andere Fahrradfahrer getroffen, die in der selben Richtung wie ich unterwegs waren, allerdings nur fuer ein paar Tage. Doch die Unterstuetzung konnte ich jetzt gut gebrauchen. Da es Wochenende war, musste ich mich sowieso nicht hetzen. Denn alle Autowerkstaetten haben sowieso geschlossen, um mein Fahrrad zu reparieren. Und so entschloss ich mich im 50 KM entfernten Kirk Creek Campground den Beiden Gesellschaft zu leisten. Da dort keine Moeglichkeit besteht Wasser oder Lebensmittel einzukaufen, ist die Frau von einen der Beiden gekommen und hat Feuerholz, indisches Essen und Wasser gebracht. Was fuer ein Glueck, die beiden getroffen zu haben. Durch den Nebel, wurde es abends recht frisch.

Am naechsten Tag ist das Ziel San Simeon Creek Campground. Heute waren was Highlights die See-Elefanten und Zebras.

Unterwegs haben wir auch Alpaks gesehen.

Abends haben wir noch einen anderen Radler auf dem Campingplatz getroffen, der gerade die Suedstaaten durchquert hat. Gemeinsam sind wir vier zu einem mexikanisches Restaurant gegangen und hatten anschliessend ein Lagerfeuer.

Naechsten Morgen habe ich mich wieder alleine auf den Weg gemacht und endlich die naechste Stadt nach 200 KM erreicht. In Baywood-Los Osos habe ich saemtliche Auto- und Bootwerkstaetten aufgesucht, um meinen Rahmen zu reparieren. Nach der 5. Werkstatt hatte ich Erfolg. Wir haben uns dazu entschieden zwei Eisenplatten an den Rahmen mit 2 Schrauben durch den Rahmen zu bestigen und zusaetzlich mit drei Schellen zu fixieren. Aehnliches Prinzip, als wenn man sich ein Bein gebrochen hat. Die 45 $ waren es wert und das Fahrrad macht soweit wieder einen soliden Eindruck.

 

Abends ging es dann zum WS-Host, der meine Kette super sauber gemacht hatte. Denn durch die Seeluft bildet sich extrem schnell Rost an der Kette.

Am naechsten Tag habe ich sehr spontan eine Einladung von einem CS-Host bekommen. Wir waren lecker Thai und Mexikanisch essen. Frueher hat er beim Militaer gearbeitet.

Das naechste Ziel hiess Lompoc. Fuer lange Zeit bin ich durch ein Air Force Gebiet gefahren. Da mein WS-Host noch auf der Arbeit war, hatte er mir erklaert wo ein extra Schluessel liegt. Die Situation ist natuerlich nicht neu, wie ihr wisst. Manchmal fuehle ich mich wie bei einer Schnitzeljagd. Der Spruch "Make yourself home" faellt bei jeder dieser Situationen. Immer wieder schoen zu sehen, wie vertrauentsvoll manche Menschen sind. Abends ging es zu einem Baseball Spiel von seinem Sohn. Sagen wir mal so, es gibt spannendere Sportarten! :)

Am naechsten Morgen ging es ins 85 KM entfernte Santa Barbara. Dazwischen war nichts, kein Supermarkt oder Tankstelle. Und so hab ich es nur knapp geschafft mit allem auszukommen was ich dabei hatte. Ich bin fuer drei Naechte bei einem WS-Host untergekommen. Abends wurde ich noch von einem Freund abgeholt, den ich noch vom letzten Jahr aus meiner Zeit in San Francisco kenne. Abdul kommt aus Saudi-Arabien und besucht gerade eine Sprachschule in Santa Barbara fuer ein Jahr. Die Stadt hat Fahrradwege wie in Amsterdam und spanische Architektur zu bieten.

Am naechsten Tag ging es nach Port Hueneme. Diese Stadt ist fuer seinen Navy-Stuetzpunkt bekannt. Ein seperater Fahrradweg fuehrte fuer ein Stueck direkt am Freeway entlang. Warum nicht immer so? Nachmittags habe ich noch meine Fuesse am Strand vertreten. Schwimmen ist durch den Wellengang viel zu gefaehrlich. Abends bin ich bei meiner naechsten CS-Host angekommen. Sie arbeitert bei Militaer als Offizierin. Aehnlich war auch unsere Begruessung.

Am darauffolgenden Tag hiess das Ziel Los Angles. Der Weg dorthin war erstaunlich gut. In Santa Monica fuehrte direkt ein Fahrradweg durch den Strand. Aufgefallen sind mir extrem viele Obdachlose und den Leuten macht es nichts aus, wenn die Kinder nur ein paar Meter weiter spielen. Auch als ich die Kueste verlassen habe, fahren die Fahrradverhaeltnisse noch super. Denn dank Google Maps bin ich neben einen Fluss gefahren ohne Autoverkehr. Die letzten 10 KM waren nur ein bisschen abenteuerlich. Ich haette schlechteres erwartet. Angekommen bin ich dann in Koreatown, wo meine naechsten WS-Host auf mich gewarten haben. Der Sandwich erinnerte mich sehr an die amerikanische Esskultur.

 

Gestern bin ich mit der Metro nach Hollywood zum Walk of Fame gefahren. Fazit: Kann man machen, muss man nicht. EInige Sachen waren schoen anzusehen.

Spaetestens in der Metro in LA faellt einem auf, das Kalifornien ein bilingualer Bundessstaat ist. Die Durchsagen sind auf Englisch und Spanisch, die Strassenschilder haeufig auch in Spanisch und teilweise die Werbung ebenfalls. So kann ich schonmal an meinem Spanisch weiterarbeiten. Denn nachdem ich naechste Woche in San Diego ankommen werde, fliege ich fuer zwei Wochen nach Cancun, Mexiko.

Every day is a journey and the journey itself is home. - Matsuo Basho